Modul 2: Rezeption und beginnen

In der zweiten Phase der Kunstvermittlung geht es vor allem um die Rezeption und die erste Annäherung an das eigene Handeln. Die Kinder und Jugendlichen nähern sich den Kunstwerken an, betrachten nun die Einzelheiten, erfahren etwas über die Künstler und beginnen, in die Werke quasi einzutauchen. Nicht mehr die eigene Lebensrealität steht im Vordergund, sondern das Einlassen auf etwas ganz Neues. Dies ist eine sehr sensible Phase, in der ein direkter Austausch zwischen Objekt und Rezipienten stattfindet. Wer ist noch Subjekt, wer Objekt? Vertauschen sich die Rollen? Verschwimmt etwas ganz?

  • Kunst ist Handeln

Wichtig ist in dieser zweiten Phase der Kunstvermittlung, dass neben dem Gespräch und dem Austausch die Handlung im Vordergund steht. Die Kinder und Jugendlichen machen nun eigene Skizzen. Viele hocken oder liegen gerne auf dem Boden und betrachten von dort die Kunstwerke, deren Details oder auch Auffälliges sie skizzieren. Auch eigene Gedanken und Ideen fließen in dieser Phase schon mit ein, ohne aber ebereits ausgereift zu sein. Das skizzenhafte Annähern, verbindet handelnd Kunst und Rezipienten.

 

  • Kunst hat kein Ziel

Hier geht es nicht um das Erreichen eines bestimmten Ziels wie in der Schule, sondern um das eigene Experimentieren. Jedes Kind benötigt hier unterschiedliche Zeit. Manche schauen sich sehr lange ein Kunstwerk an, manche gehen erst von einem zum anderen und skizzieren hinterher. Die Individualität spielt hier eine große Rolle. Wenn es überhaupt ein Ziel gäbe, dann wäre es das vorbehaltlose Entdecken.

 

  • Kunst als Erfahrungsraum

Die Ausstellungsräume des Cuxhavener Kunstvereins könnte man auch als Erfahrungsräume bezeichnen. Sie sind ja kein Museum, sondern ein Ort des Austauschs, der Erfahrungen. Die Kinder und Jugendlichen erobern sich den Raum, bewegen sich in ihm wie sie es brauchen. Der Raum der Ausstellung stellt kein Abgrenzungskriterium dar, sondern einen lebendigen Raum, auf den sich die Rezipienten einlassen könnn. Spannend wäre es, wenn Kunst nicht nur an den Wänden oder im Raum zentral zu entdecken wäre, sondern auch in Ecken oder an verborgenen Stellen. So könnte der Raum mit allen Facetten wahrgenommen werden. Der Erfahrungsraum entsteht somit interaktiv. Kinder und Jugendliche sind nicht Konsumenten, sondern lassen Kunst entstehen.

 

  • Menschen und Kunst im Gespräch

Kann man mit Kunst kommunizieren? Kann Kunst mit uns kommunizieren? Kunst ist ja nicht fern oder nur ein Betrachtungsobjekt. Je näher man sich auf Kunst einlässt, desto mehr 'spricht' sie mit einem. Kunst kann auch uns Fragen stellen: Was berührt dich, was bewegt dich oder was spricht dich an? Wichtig ist, dass wir uns für Kunst Zeit nehmen, sie wirken lassen und dann in einen Dialog eintreten.

  • Kunst ist sinnlich

Meistens nehmen wir Kunst visuell wahr. Aber damit erfassen wir im Grunde nur einen kleinen Teil der Kunst. Innerhalb der Kunstvermittlung ist es deshalb wichtig, dass wir uns mit allen Sinnen mit der Kunst beschäftigen. Wenn wir Kunst erschaffen, dann können wir auch fühlen, wie sich unsere Kunst gestaltet. Vielleicht könnnen wir Matrial riechen, besonders wenn es sich um Naturmaterial handelt. Wir können das Tropfen der Farbe hören und wir können auch Kräuter oder süße Drops schmecken, wenn wir sie in unser Kunstwerk mit einbauen. Der sinnliche Moment der Kunst erschließt ganz neue Perspektiven.

 

  • Kunst ist die Geschichte der Betrachter

Die Beschäftigung mit Kunst erfolgt eigentlich immer mit gewissen Vorkenntnissen oder Vorannahmen. Auch Kinder und Juendliche haben in ihrem Leben schon einiges erlebt, das sie als Vorwissen mit in die Betrachtung der Kunst nehmen. Insofern trägt eigentlich jeder Rezipient seine Anschauungen, Ansichten und Ideen in die Beschäftigung mit den Kunstwerken. Dies ist  prima, denn so entsteht erst die Vielfalt an Deutungen, neue Ideen und vielseitige Punkte, über die alle ins Gespräch kommen können.

In dieser zweiten Phase steigen wir stärker in die Welt der Kunst ein und sehen Zusammenhänge zwischen Kunst, dem Leben und unseren eigenen Ideen und Gedanken. Der Kunstraum wird dabei zum Erfahrungsraum, sodass Kunst wirklich entdeckt werden kann.

Räume können nicht nur betrachtet, sonder auch begangen, erfühlt, erkundet und auch akustisch oder visuell wahrgenommen werden. Die Kinder und Jugendlichen erleben die Ausstellungs- und Vermittlungsräume als besonderen Ort mit einzigartiger Atmosphäre.

Doch in dieser Phase geht es schon um das eigene Handeln. Nachdem die Kinder und Jugendlichen den Raum erkundet haben, wollen sie sich auch selbst ausdrücken.

Hierfür gehen wir mit ihnen nach oben in unsere Kunstwerstatt. In diesem sehr großen Raum gibt es Tische, Hocker, Stühle, Malfächen und viel Platz auf dem Boden sowie Regale, Winkel und Ecken mit viel Material zum Stöbern und Entdecken.

Die Kinder und Jugendlichen können in dieser Phase spontan ihren Impulsen folgen und ergebnisoffenen mit den Materialien arbeiten. Die Ausstellung gibt zwar das Thema vor, erste Zeichnungen, Skizzen oder gestaltete Ideen können von den Kindern und Jugendlichen frei umgesetzt werden. In Gesprächen bekommen sie so auch von den anderen Teilnehmenden Anregung.

Wichtig ist in dieser Phase der partizipatorische Ansatz.

Durch die Anregung in der Ausstellung haben die Kinder und Jugendlichen viele Impulse bekommen, die sie gerne auf ihre eigene Weise in einer ersten Phase umsetzen wollen. Hier sind die Kunstvermittlerinnen aufmerksam dabei, lassen die Kinder sich jedoch individuell entfalten.

Erst in der nächsten Phase wird wieder konkreter an einem Thema gearbeitet.